Verabschiedung unserer EM-Teilnehmer

Fünf Geher vom SC Potsdam starten bei der Leichtathletik-EM in Berlin – und wurden gestern im Kongresshotel Potsdam verabschiedet. Die MAZ stellt das Quintett vor und hat die Sportler zu ihren Erwartungen befragt.

Ex-Handballer als Sieganwärter

Christopher Linke ist mit seinen 29 Jahren der erfahrenste und erfolgreichste Geher aus dem Quintett. Zuletzt hatte er als Fünfter bei Olympia 2016 und der WM 2017 das Podium jeweils knapp verpasst. Diesmal will er ganz nach oben. „Na klar gehe ich in Berlin ganz vorn mit. Mein Ziel ist es zu gewinnen“, sagt der Sportsoldat. „Nicht die Zeit wird entscheidend sein, sondern der Platz.“ Linke begann einst in seiner Heimatstadt Werder bei Grün-Weiß mit dem Handball, ehe er sich ab der 8. Klasse komplett für die Leichtathletik und die Sportschule in Potsdam entschied. Sein Vater Olaf hat mit dem Verein und der Stadt Werder extra einen Fan-Bus organisiert, damit der Filius am 11. August auf dem Rundkurs am Breitscheidplatz angefeuert werden kann. Im Höhentrainingslager auf dem Belmeken in Bulgarien haben sich die Potsdamer vorbereitet. Eine 15 Kilometer lange Teststrecke bot 650 Höhenmeter. Linke war dort fünf Minuten schneller als vor Olympia. Nun will der Bergkönig Europameister werden.

Perfektionist und Eisbären-Fan

Hagen Pohle ist ein akribischer Arbeiter. Der 26-Jährige hatte schon früh Erfolg, war U18-Weltmeister und U20-Europameister. Bei den Männern benötigte der aus Beeskow stammende Geher ein wenig Zeit, um sich zu etablieren. Trainer Ronald Weigel nennt ihn einen Perfektionisten. Doch was für ein Fauxpas, als Pohle in diesem Frühjahr während eines Wettkampfes der Schnürsenkel aufging und er kurz stoppen musste. „Das wird mir bei der EM in Berlin sicher nicht passieren. Mein Ziel ist ein einstelliger Platz, möglichst weit nach vorn“, sagt der Polizist selbstbewusst. Bei der Team-WM in diesem Jahr war er viertbester Europäer. Pohle, der als Eishockey-Fan kaum ein Spiel der Eisbären Berlin verpasst und nun von einem dortigen Fan-Club bei der EM an der Strecke unterstützt wird, nennt die Heim-EM eine Extramotivation, spürt aber auch Extradruck.

Der Unvollendete und „Coole“

Nils Brembach konnte in den letzten Jahren bereits einige Erfahrungen bei internationalen Meisterschaften sammeln. Schon dreimal nahm er an Weltmeisterschaften teil, 2016 auch an den Olympischen Spielen. Im Vorjahr wurde er 15. bei der WM in London. Über das 20-Kilometer-Gehen in Berlin sagt der 25-Jährige: „Ich werde sicher wie im Vorjahr bei der WM etwas verhaltener angehen und will mit einer schnelleren zweiten Hälfte noch möglichst weit nach vorn kommen.“ Für die Hitze will er gewappnet sein. „Vor dem Start werde ich noch eine Kühlweste tragen“, erklärt der Sportsoldat und Maschinenbaustudent, der aus Falkensee stammt. Trainer Ronald Weigel sieht in seinem Schützling noch viel Potenzial. Brembach trainiere sehr gewissenhaft, nun komme es darauf an, dies auch im Wettkampf umzusetzen. „Die Heim-EM ist natürlich etwas ganz Besonderes“, sagt er. „Diese Gelegenheit hat man in seiner Sportlerkarriere wohl nur einmal“, sagt Brembach, der Unvollendete.

EM-Novizin und Einser-Abiturientin

Saskia Feige hat sich binnen drei Jahren von einer mittelmäßigen Läuferin zu einer EM-Teilnehmerin im Gehen katapultiert. Ein Trick ihrer jetzigen Trainerin Manja Berger hatte sie darauf gebracht. „Ich wollte von einem Wettkampf in Berlin von der Trainerin mit dem Auto mitgenommen werden. Da meinte sie: ,Aber nur, wenn du vorher an dem einen Kilometer Schnuppergehen teilnimmst.’ Dann hatte ich auf Anhieb Spaß daran“, erzählt Saskia Feige, die gerade ihr Abitur an der Sportschule mit 1,0 abgeschlossen hat. Im Herbst will sie an der TH Wildau ein Studium für Bioinformatik und Systembiologie aufnehmen. Die 20 Jahre alte Potsdamerin freut sich riesig auf die EM in Berlin. „Dass ich daran teilnehmen kann, ist schon ein großer Erfolg für mich“, sagt sie. „Als Kind habe ich immer davon geträumt, einmal bei großen Wettkämpfen starten zu können und mir das immer im Fernsehen angeschaut. Nun bin ich selbst dabei. Ich will erst einmal Erfahrungen sammeln.“

Die Lernende und Aufgeregte

Teresa Zurek kann ihre Vorfreude kaum verbergen: „Ich bin schon jetzt sehr aufgeregt, wenn ich an die EM in Berlin denke“, sagt die Geherin am Montag bei der Verabschiedung durch ihren Verein SC Potsdam im Kongresshotel. Mit 1:33:30 Stunden hatte sie als Dritte bei den Deutschen Meisterschaften im April die EM-Norm im 20-Kilometer-Gehen auf die Sekunde genau erfüllt. Teresa Zurek kam einst durch ihren Bruder zu dieser Disziplin. Sie hatte früh Erfolg, auch international. Im Vorjahr wurde sie U20-Vizeeuropameisterin. Die 20 Kilometer sind eine neue Strecke für die 20-Jährige. Trainerin Manja Berger sagt daher über Teresa Zurek und Saskia Feige: „Beide können bei der EM für später viel lernen. Denn bei den Erwachsenen zu starten, ist eine große Herausforderung für solch junge Athletinnen. Dass viele Freunde und Bekannte zuschauen und sie an der Strecke unterstützen werden, kann hilfreich sein.“ Teresa Zurek hofft nach dem Abitur (1,9) auf eine Aufnahme als Sportsoldatin.

Peter Stein – MAZ

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