Beinamputiert: Diana Schütz vom Verein „Anpfiff ins Leben“ testet das Sportangebot des SC Potsdam

Vor fast zehn Jahren hat Diana Schütz, selbst beinamputiert seit ihrem achten Lebensjahr, Sport für Amputierte beim Verein „Anpfiff ins Leben“ (Baden-Württemberg) auf den Weg gebracht. Sie weiß, wie wichtig Bewegung nach einer Amputation ist.

Schon früh geht sie in ein Fitnessstudio, um sich fit zu halten. Sie probiert alles, was geht. Sie fährt gerne Fahrrad – nachdem sie endlich das passende Rad für sich gefunden hat. Sie rollt auf Inline-Skates durch die Gegend – endlich wieder Geschwindigkeit und Wind in den Haaren!  Sie wagt sich an Kletterwände und kommt über Nordic-Walking zum Laufen.

Durch Dianas Kopf kreisen immer wieder die gleichen Fragen: Warum hat es diese positiven Erlebnisse und Erfahrungen nicht schon früher gegeben? Wie wäre mein Leben dann verlaufen? Wie wäre es, diese Erfahrungen an andere Betroffene weiterzugeben? Wie funktioniert das mit der Inklusion?

Seit 2013 gibt es dieses individuelle und zugeschnittene Sportangebot für Menschen mit Amputation in der Rhein-Neckar Region, welches durch fachlich geschultes Personal betreut wird. Mit einer angepassten Bewegungsförderung und durch Ausprobieren verschiedener Sportarten kann jeder „seine“ Freizeitbeschäftigung finden. Vor allem Fitness- und individuelle Trainingseinheiten bilden die Basis für eine bewegungsvolle Zukunft – auch mit Amputation.

Aber nicht jeder wohnt dort und viele wünschen sich ein ähnliches Angebot in ihrer Gegend. Gerne macht Diana Urlaub in Potsdam, denn diese schöne Gegend hat vieles zu bieten. Aber leider keine fundierte Infrastruktur für sportliche Aktivitäten von Amputierten. Meist nehmen Betroffene am Rolli-Sport teil. Doch nicht nur die Paralympischen Spiele zeigen, dass es auch anders geht. Diana hat sich in den Kopf gesetzt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Sie stößt bei ihren Recherchen auf den SC Potsdam.

Diana organisiert Laufevents, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Lauffedern testen können. Es wird ein großer Erfolg – und außerdem ein sehr bewegendes und emotionales Ereignis für die Sportler. Das ist ein Anfang. Er macht Mut.

Im September war es nun so weit und sie probierte ein paar Sportarten bei SC Potsdam aus. Und wie zu erwarten, funktionierte das auch für Menschen mit Amputation. Sicherlich muss man die Übungen anpassen, aber das ist wohl ein Leichtes für die Trainer. Hier sind ihre Erfahrungsberichte.

Rückentraining mit Florian

Die Adresse sagt es schon: Olympischer Weg, also kann es nur am Olympiastützpunkt sein. Das hat mich riesig gefreut, denn ich kenne den OSP nur vom Fußweg.

Nachdem ich mich durchgefragt habe, war ich auch schon an Ort und Stelle und es hieß: Wir gehen nach draußen, das Wetter ist noch schön.  Wir haben dann unsere Handtücher auf der Wiese neben der Tartanbahn ausgebreitet und dann ging es auch schon los. Die Gruppe war bunt gemischt, also von jedem Alter etwas dabei.

Es gab ein kleines Aufwärmtraining auf der Tartanbahn, also stramm Gehen beziehungsweise Laufen – so wie für jeden möglich.

Die Übungen waren sehr anspruchsvoll und auch machbar für uns Prothesenträger.

Im Anschluss wie jeder weiß, kam dann das Stretching. Auch hier hatte Florian Alternativen für mich parat.

Im Großen und Ganzen kann ich dieses Rückentraining jedem empfehlen, der bereits gut auf einer Prothese unterwegs ist. Florian ist ein junger Trainer und für alle Fragen und Anregungen offen.

Gesundheitssport mit Mathias

Wohnungsbaugenossenschaft? „Bin ich hier richtig?“ Doch! Hier findet der Gesundheitssport von Mathias statt. Der Ort ist barrierefrei und es gibt auch viele Parkplätze vor der Haustür und in der Nähe. Im Eingangsbereich gäbe es die Möglichkeit, sich umzuziehen. Doch besser ist es, wenn man bereits in Sportkleidung kommt.

Begonnen haben wir im Stehen mit Aufwärmübungen, wie man es vielleicht auch von der Reha kennt. Aber auch im Sitzen sind diese Übungen machbar.

Hanteltraining war angesagt, aber nur ein bis zwei Kilogramm. Also nicht erschrecken! Dieser Sport, wie es der Name schon sagt, dient der Erhaltung der Gesundheit. Es ist also ein sehr moderates Training und für viele Menschen mit Amputation machbar und vor allem empfehlenswert. Mathias habe ich als einen sehr aufgeschlossenen Trainer kennengelernt. Er ist sehr erfahren und kennt sich mit den unterschiedlichen Krankheitsbildern aus. Auch wenn vielleicht noch nie ein Mensch mit Amputation an seinem Training teilgenommen hat.

Und auch hier sage ich: „Redet mit den Trainern und Trainerinnen, was für euch machbar ist und was nicht. Er oder sie werden euch Alternativen anbieten.“

Also, wer hat Lust donnerstags von 10:00 bis 10:45 Uhr mitzumachen?

Wassergymnastik im Luftschiffhafen – immer donnerstags von 13.00 bis 13.45 Uhr

Wassersport, wie ich das liebe. Vorne weg, bitte denkt an eine Badekappe und an ein Schloss, um den Spind abzuschließen. Und auch an Krücken mit Haftpuffern (für den Nassbereich).

Umgezogen und frisch geduscht geht es in die riesengroße Schwimmhalle. Hier trainieren auch die Top-Athleten, denn die Halle gehört zum Olympiastützpunkt. Bahnen ohne Ende – und zwei gehören uns, Yippee! Trainer Mathias meinte, es sind 26° Celsius. Leider habe ich den Fehler gemacht und mich warm abgeduscht. Somit empfinde ich das nicht als warm. Dummheit von mir!

Rein geht es in das Wasser. Wir bekommen gleich zwei Nudeln von Mathias überreicht und schon kann es losgehen. Wir trainieren fleißig eine Dreiviertelstunde mit diesen Trainingsgeräten. Am Ende kommt die Entspannung. Wir liegen auf dem Rücken und genießen die Schwerelosigkeit.

Diese Form von Training ist besonders für die geeignet, die gerade nicht mit Prothese unterwegs sein können und trotzdem etwas Sport machen wollen.

Übrigens, die Gruppe war besonders lustig, es wurde sogar gesungen. Was will man mehr.

Rehasport verordnet vom Arzt für die Verbesserung der Gesundheit

Das Schöne ist, dass man kostenfrei für 50 Wochen diesen Kurs in Anspruch nehmen kann. Bei Mathias, dem Trainer, können diesen auch Menschen mit Amputation ausprobieren.

Ob im Stehen oder sogar sitzend kann man viele der Übungen durchführen. Mit kleinen Geräten wie Hanteln, Terra Band oder auf Pezzibällen werden verschiedene Übungen für den Rücken, den Bauch oder die Beine angeboten. Ich habe in der zweiten Hälfte meine Prothese abgelegt und alle Übungen zusammen mit den anderen Teilnehmern super gemeistert.

Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ich kann es jeden empfehlen, gerade wenn man nicht mehr so mobil ist und auch gerne was für seine Gesundheit tun möchte.

Und auch hier, wie es sich gehört, gab es im Nachgang für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein kleines Stückchen Kuchen. Es wurde nämlich Geburtstag nachgefeiert. Das hatten wir uns aber auch verdient.

Aquafitness mit Sophie am Donnerstagabend

Aquafitness: Das hört sich doch schon wahnsinnig sportlich an. Auch dieser Kurs findet im Schwimmbecken am Luftschiffhafen statt. Wer also nicht nur seine Fitness, sondern auch seinen Stoffwechsel anregen will, ist hier genau richtig. Bei diesem Training mit Sophie werden komplett alle Muskeln beansprucht und man glaubt es kaum – auch die Ausdauer wird trainiert. Mit vielen Geräten, zum Beispiel Hanteln, werden Arme, Beine und sogar die Rumpfmuskulatur trainiert und vor allem diese ist für Menschen mit Amputation extrem wichtig.

Selbst das Boxen will gelernt sein unter Wasser. Ich kann euch sagen, ich hätte nie geglaubt, dass ich im Wasser auch schwitzen kann. Abschließend kann ich sagen, dass nicht nur die für uns so wichtige Muskulatur rund um den unteren Rücken, sondern vor allem die Ausdauer und Kondition trainiert wird. Viele jüngere Leute nehmen dieses Training in Anspruch. Also traut euch und trainiert euren Körper mal ganz anders.

Wichtig für Menschen mit Beeinträchtigungen, die einen Schwerbehinderten-Ausweis besitzen: Sie können einen Parkplatz vor Ort (Schwimmhalle) beantragen, ansonsten ist es nur das Parken vor dem Gelände beim Parkhaus möglich.

Weitere Nachrichten vom SC Potsdam gib es hier. 

Foto: Diana Schütz (li.) wollte wissen, ob die Trainings in Potsdam auch für Menschen mit Amputation zweckmäßig sind (Quelle: Schütz)

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