Als Deborah Levi vom SC Potsdam im Februar 2022 in Peking mit Pilotin Laura Nolte (BSC Winterberg) Olympiasiegerin im Zweierbob wurde, kannte der Jubel keine Grenzen. Im Anschluss hatte die heute 27-Jährige allerdings einige Hürden zu meistern. Umso erfreulicher ist das, was Mitte März in Lake Placid (USA) passierte. Denn da gewann Levi mit Nolte den Weltmeistertitel im Zweierbob der Frauen. Im Interview verrät die SCP-Anschieberin, wie der Erfolg zustande kam und welche Ziele sie sich für den kommenden „Olympia-Winter“ setzt.
Herzlichen Glückwunsch zum WM-Titel, Deborah Levi! Hätten Sie den Titelgewinn, nachdem die letzten drei Jahre für Sie recht schwierig waren, für möglich gehalten?
Deborah Levi: Ganz lieben Dank für die Glückwünsche. Die letzten drei Jahre waren tatsächlich gar nicht so einfach für mich, weil sie von einer langen Verletzungs- und Rehazeit geprägt waren. Aber ich konnte mich ja schon im letzten Jahr beim Weltcup in Altenberg und bei der WM in Winterberg erfolgreich zurückmelden. Dafür war ich damals schon sehr dankbar. Aber in diesem Winter konnte ich endlich mal wieder komplett im Bob-Zirkus dabei sein. Das war ein guter Test, ob mein Knie der Belastung wieder standhalten kann. Und ich kann wirklich sagen, dass alles gepasst hat. Ich war am Ende der Saison in der Lage, die WM mit Laura zu fahren. Ob wir den Titelgewinn in Lake Placid vorher für möglich gehalten haben, ist schwer zu sagen. Wir wussten, es ist nicht unmöglich. Wir wussten aber auch, dass die Chancen im Jahr zuvor eigentlich besser gewesen wären, da Winterberg ja unsere ‚Heimbahn‘ ist und wir die Bedingungen bestens kannten. Die Athletinnen aus den USA sind sehr stark. Daher war vor Lake Placid klar, dass es nicht einfach wird. Umso glücklicher sind wir, mit Gold nach Hause gekommen zu sein. Das macht mich und Laura äußerst glücklich.
Sie haben es bereits gesagt: Nach ihrem Olympiasieg 2022 in Peking hatten sie sehr lange mit einer schweren Knieverletzung zu kämpfen. Nach dem erfolgreichen Weltcup-Comeback im Februar letzten Jahres und dem WM-Silber nur kurz danach in Winterberg, gab es mit einem Bandscheibenvorfall den nächsten Rückschlag. Ist das heute eigentlich alles vergessen? Oder ist das mit den Wehwehchen ein ständiges Auf und Ab?
Levi: In diesem Winter konnte ich zum ersten Mal wieder so richtig mitfahren. Mein Körper hat dem Ganzen standgehalten. Das heißt nicht, dass meine Wehwehchen komplett weg sind. Der Bandscheiben-Vorfall, der hier ja auch noch einmal angesprochen wurde, mit dem hatte ich im letzten Sommer noch ganz schön zu kämpfen. Da musste ich eine Menge tun, damit im Winter alles gut läuft. Die Sache schmerzt ab und zu. Deshalb ist nicht immer alles bei hundert Prozent. Aber ich habe auch gelernt, dass es okay sein kann und man dafür Sorge tragen kann, dass es nicht ausartet und ich trotzdem Wettkämpfe bestreiten kann. Ich glaube, das gehört leider auch zum Leistungssport dazu. Aber es ist alles im Rahmen und ich bin einfach happy, dass ich wieder einen kompletten Winter dabei sein konnte.
Im Weltcup waren sie nicht in jedem Rennen dabei. Von Zeit zu Zeit kam ihre SCP-Vereinskollegin Leonie Kluwig im Bob von Laura Nolte zum Zug…
Levi: Leonie Kluwig gehört seit dieser Saison zum Team von Laura. Wir verstehen uns wirklich sehr gut mit ihr. Sie ist eine sehr nette, sympathische Teamkameradin. Und es ist sehr schön, dass wir die Stadt Potsdam gemeinsam vertreten können. Leonie hat in ihrer ersten richtigen Weltcup-Saison einen sehr guten Job gemacht und zu mehreren Siegen beigetragen. Hut ab! Und auch Laura war als Pilotin sehr gut und konstant. Ich denke, wir drei können sehr stolz auf unsere gemeinsame Saison sein.
Zum Abschluss ging es nach Übersee. In Lake Placid (USA) stand die IBSF Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaft auf dem Programm. Dort sind Sie zum ersten Mal zusammen mit Laura Nolte Weltmeisterin geworden. Was bedeutet dieser Titel für Sie?
Levi: Der erste Weltmeistertitel bedeutet mir sehr viel. Für Laura war es ebenfalls der erste WM-Titel im Zweierbob. Sie hatte in der Vergangenheit auch schon ein paar nicht so schöne Erfahrungen gemacht, zum Beispiel mit Stürzen in Altenberg (2020) und in St. Moritz (2023). Aus solchen Situationen muss man sich auch erst einmal wieder rausarbeiten. Ich denke, auch sie kann sehr stolz sein, dass sie es jetzt gemeinsam mit mir geschafft hat. Ich selbst freue mich natürlich ganz besonders nach der schon angesprochenen, zwischenzeitlichen Verletzungsmisere. Die ganze Arbeit, die ich da reingesteckt habe, die ganze Reha-Phase, die ich durchlaufen habe: Das Ganze hat sich damit gelohnt. Letztes Jahr war es schon schön, bei der Heim-WM Silber gewonnen zu haben. Aber dieses Jahr mit der Goldmedaille, das fühlt sich natürlich super an. Viele wissen gar nicht, dass dies unser erster WM-Titel ist. Viele dachten, weil wir Olympia gewonnen hatten, dass wir irgendwann davor oder danach auch schon mal gemeinsam eine Weltmeisterschaft geholt hätten. Dem war aber nicht so. Deswegen war es schon ein besonderes Gefühl. Das war der Titel, der noch fehlte.
Die Saison ist jetzt vorüber. Steht jetzt erst einmal ein längerer Urlaub auf dem Programm? Wann werden Sie wieder ins Training einsteigen?
Levi: Ich war in den letzten freien Tagen viel in der Heimat unterwegs – bei meinen Eltern in Mittelhessen. Außerdem war ich viel mit Freunden in Frankfurt zusammen. Ich habe die freie Zeit genossen. Schließlich waren wir im Winter nur unterwegs. Jetzt geht es aber wieder los: Laura und ich fliegen nach Malaysia. Da machen wir erst einmal ein paar Tage Urlaub. Danach geht es dann – ebenfalls in Malaysia – in ein Trainingslager. Zu unserer Trainingsgruppe gehören Leichtathletinnen und Leichtathleten aus Frankfurt, die sich auf die Staffel-WM in China vorbereiten. Da schließen wir uns an. Das heißt für uns tatsächlich, dass bereits der Startschuss für die Olympiavorbereitung fällt. Und das ist schon etwas Besonderes. Die Freude ist groß – einerseits, dass wir zunächst Urlaub machen, andererseits, dass wir mit dem Training starten.
Das große Ziel in der neuen Saison wird sicher die Qualifikation für die Winterspiele sein. Wird die Vorbereitung in diesem Jahr daher anders als im Vorjahr verlaufen?
Levi: Die Qualifikation für Olympia ist natürlich das ganz große Ziel. Und was ich in den letzten Jahren auch gelernt habe: In so einer wichtigen Vorbereitung und Saison sollte man nichts anders machen als sonst. Es ist gut, wenn alles beim Alten ist. Es ist gut, wenn ich meine ganz normalen Trainingspläne habe und ich mein tägliches Training absolvieren kann, ich überwiegend gesund bleibe und keine großen Wehwehchen kommen. Ich glaube, jeder versteht, dass ich in so einem wichtigen Jahr nichts Neues machen möchte. Es ist wichtig, sich nicht verrückt zu machen und nicht zu viel, zu trainieren. Denn das, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, hat ja funktioniert. Wichtig sind die Regelmäßigkeit und Konzentration – und am Ende das bestmögliche Ergebnis.
Im Sommer feiern Sie Ihr fünfjähriges Jubiläum beim SC Potsdam. Wie sehr ist Ihnen der Verein inzwischen ans Herz gewachsen?
Levi: Wahnsinn, dass es jetzt schon fast fünf Jahre sind. Ich habe zuletzt auch gemerkt, als ich bei der Veranstaltung des Bob- und Schlittensport Verbandes Brandenburg zu Gast war, wie heimisch ich mich inzwischen in Potsdam und auch am Luftschiffhafen fühle. Wenn ich durch Potsdam fahre, kenne ich mich längst gut aus. Das Kongresshotel Potsdam kenne ich in- und auswendig. Deshalb fühlt sich das nicht mehr neu für mich an, sondern heimisch. Der SC Potsdam ist, das habe ich in den letzten Jahren immer wieder gemerkt, trotz seiner beachtlichen Größe sehr familiär. Das gefällt mir sehr gut. Es macht immer Spaß, vor Ort zu sein. Denn ich werde mit offenen Armen empfangen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass mich der SC Potsdam in den letzten Jahren so gut begleitet hat – auch schon vor den letzten Olympischen Spielen und danach, zum Beispiel während meiner Verletzungszeit. Ich freue mich, weiter beim SCP zu bleiben und 2026 hoffentlich die nächsten Spiele gemeinsam mit dem Verein zu erleben.
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Foto: Deborah Levi fühlt sich inzwischen auch in Potsdam heimisch (Bildquelle: SC Potsdam)