Kevin Kuske erklärt, wie man in den Bob einsteigt

MAZ – Letzte Ausfahrt Pyeongchang! Bevor Kevin Kuske bei den Olympischen Winterspielen seine herausragende Karriere beendet, hat er noch einmal fleißig im Potsdamer Luftschiffhafen trainiert. Das A und O ist neben der Schnelligkeit und Kraft für den Bobanschieber der Einstieg am Start. „Wenn die Einstiege nicht funktionieren, hast du schon verloren“, sagt der 39-Jährige vom SC Potsdam. Er erklärt, worauf es dabei ankommt.
Kuske schiebt auf Position zwei

Der viermalige Olympiasieger und siebenmalige Weltmeister, der am Montag in das Flugzeug nach Südkorea stieg, wird im Vierer von Pilot Nico Walther (Oberbärenburg) auf Position zwei sitzen. Dahinter folgen Alexander Rödiger (Oberhof) und Eric Franke (Oberbärenburg). „Zuerst gibt der Bremser, also Eric, das Kommando ,Bob steht’. Dann sagt der Pilot ,fertig’ und zuletzt ruft Eric ein langgezogenes ,und’. Das ist für alle gleichzeitig der Startschuss“, berichtet Kuske. „Dabei kommt es für alle darauf an, den Anschubbügel mit den Händen richtig zu treffen. Manche springen da ran, ich halte den Bügel fest und sprinte dann los.“
Wie weit am Start gesprintet wird, richtet sich nach der Bahn. Der Pilot springt als Erster in den Bob. „Ich laufe noch zwei, drei Schritte weiter und bin dann der Nächste auf Position zwei“, erzählt Kuske weiter, der auf der rechten Seite anschiebt. „Der Pilot braucht die meiste Zeit, um sich in Position zu bringen, er muss ja auch die Lenkseile fassen.“ Kuske springt zunächst mit dem rechten Bein auf den seitlichen Abweiser am Bobchassis, der mit einem Gummibelag als Schutz vor dem Bürstenschuh versehen ist. Die Schuhsohlen werden kurz vor dem Start vom Mechaniker mit einer Drahtbürste – wie man sie auch vom Grillreinigen kennt – von Schnee- und Eisresten gesäubert. Bei Olympia 2006 in Turin wäre der Schnee unter den Schuhen Kuske fast zum Verhängnis geworden. Er rutschte aus und konnte sich im Zweier von André Lange gerade noch mit einem akrobatischen Hechtsprung in den Bob hieven.

Wenig Platz im schmalen Bob

Beim Reinspringen in den Bob muss Kuske darauf achten, dass er den Piloten nicht zu sehr berührt und damit beim Lenken stört. Nur einen Wimpernschlag später hüpfen der dritte und vierte Mann in den Bob. Kurios: Kuske kommt auf Position zwei als Letzter zum Sitzen, weil sein Hintermann erst noch dessen Beine an seinem Körper vorbei schieben muss. Weil alles sehr eng im nur 67 Zentimeter breiten Bob ist, sind kleinere Kratzer auf der Haut durch die Bürstenschuhe nicht auszuschließen. Auch der Rennanzug der Sportler bekommt schnell mal ein Loch aufgrund einer unsanften Berührung.
Die Startstrecke ist meist zwischen 15 und 20 Metern lang. Binnen vier bis fünf Sekunden ist der Startvorgang abgeschlossen, aber schon hier können die entscheidenden Hundertstelsekunden verloren gehen, die am Ende über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Kuske nimmt als Letzter Platz

Der Pilot klappt mit einem einzigen Griff auch die seitlichen Startbügel ein. Übrigens haben nur Pilot und Bremser eine kleine Sitzschale im Bob. Kuske selbst sitzt auf dem blanken Boden. Während der Fahrt kann er nicht etwa ein Nickerchen machen. Er muss tief in den Bobkörper geduckt, um keinen Luftwiderstand zu bieten, „Rhythmus machen“, wie die Bobsportler sagen, das heißt, er geht alle Kurven mit. Würde er das nicht tun, gäbe es Unwuchten im Bob, liefe der Sportler gar Gefahr, bei Tempo weit über 100 km/h rausgeschleudert zu werden. Deshalb bleibt der Körper vom ersten bis zum letzten Augenblick der Fahrt angespannt. Weil er als Letzter sitzt, rekelt sich Kuske nach der Zieldurchfahrt auch als Erster wieder aus dem Bob.

Von Peter Stein
Fotos: Friedrich Bungert (MAZ)

 

Datum: