Große Hoffnungen in Peking

Am Samstag sind Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach auf der südkoreanischen Insel Jeju gelandet. Im Vorbereitungscamp des Deutschen Nationalteams der Leichtathleten sollen sich die Geher des SC Potsdam kurz vor der WM in Peking akklimatisieren. Am 18. August fliegen sie weiter in die chinesische Hauptstadt, am 23. August geht es an den Start zum 20 Kilometer Gehen. Die Erwartungen sind hoch, die Gegner stark.

Bereits seit einem guten halben Jahr bereitet sich die Trainingsgruppe intensiv auf den Wettkampf vor: Zwei Mal täglich absolvierten sie Distanzen von bis zu 30 Kilometer. „Dass wir dabei zu dritt sind, ist ein großer Vorteil“, weiß Christopher Linke, der bereits zum dritten Mal bei einer WM startet. „Es ist nicht so langweilig, und man kann sich an jemanden ‚ran hängen‘, sich gegenseitig motivieren, wann man mal einen schlechten Tag hat.“

Zuletzt trainierten die Athleten drei Wochen im bulgarischen Gebirge Belmeken, nun ist die größte Vorbereitung geschafft, die letzte große Distanz vor dem Wettkampf absolviert, „jetzt heißt es nur gesund bleiben, Speicher füllen, viel trinken und auf den Wettkampf fokussieren“, sagt Nils Brembach, mit 22 Jahren der jüngste der Gruppe.

In Südkorea sollen sich die Geher nun an die hohe Luftfeuchtigkeit und die Zeitverschiebung gewöhnen. In Peking sorgen zudem täglich wechselnde hohe Smog-Werte für Ungewissheit: „Ich weiß nicht, was uns da erwartet“, sagt Linke. Aufgeregt ist er aber nicht: Der 27-Jährige ist nicht nur der stärkste, sondern auch der erfahrenste aus dem Geher-Team: „Das ist mein 6. großer internationaler Kampf. Und wenn man Olympia erlebt hat, ist die Aufregung nicht mehr ganz so groß.“ Für Brembach und den 23-jährigen Teamkollegen Hagen Pohle ist es dagegen der erste internationale Einsatz bei den Männern.

„Wir sind zufrieden, dass jemand da ist, den man kennt, es ist deutlich besser, wenn man Kollegen aus dem Verein vor Ort hat. Und wir verstehen uns super“, sagt Linke. Auch im Wettkampf selbst wollen sie sich unterstützen: „Zwar ist es egal, ob ein Russe, ein Pole oder ein Vereinskamerad vor mir läuft, jeder ist mein Gegner“, sagt Linke. „Aber man kann an der Verpflegungsstelle Platz machen, die Flasche Wasser teilen oder bei den Wendepunkten nicht bis auf den letzten Meter ran gehen. Man nimmt Rücksicht aufeinander.“ Um als Gruppe zu Dritt das Tempo zu bestimmen, fehlt den deutschen Athleten aber noch die Stärke.

Brembach will stattdessen „erst einmal mitgehen und versuchen, hinten raus die Leute zu überholen, die sich übernommen haben.“ Christopher Linke will solange wie möglich in der Spitzengruppe bleiben. „Ich werde aggressiv nach vorn gehen und sehen wie weit ich komme. Ich muss schon ein bisschen auf Risiko setzen, darf mich dabei aber natürlich nicht übernehmen und dann einbrechen. Auch die Technik darf ich nicht aus den Augen verlieren.“

International beurteilen die Richter die Technik lockerer: Der U-18-Weltmeister und U-20-Europameister Hagen Pohle sieht das eher als Nachteil für die Deutschen: „Man kann durch unsauberes Gehen einige Kraft sparen.“ Das müsste man aber extra trainieren, um daraus einen Vorteil zu ziehen.

Die Erwartungen schmälert das nicht: „Ich habe sehr gut trainiert in diesem Jahr“, sagt Linke, „ich bin sehr gute Wettkämpfe gegangen, habe zwei neue Bestzeiten aufgestellt und sehr starke Gegner geschlagen.“ Die Top-10 sind für ihn ein Muss, „entweder auf Platz 8 oder besser“ – bei seinem letzten WM-Start ging er als Neunter durchs Ziel.

Pohle und Brembach peilen die Top 14 an – die Olympia-Norm. „Aber auch ein Platz unter den ersten 20 wäre in Ordnung“, sagt Pohle. Daneben spielen auch Erfahrungswerte eine Rolle: “Weil es meine erste große Meisterschaft ist, möchte ich mich behaupten und den Lauf als Standortbestimmung für nächstes Jahr nutzen“, so sein Teamkollege Brembach.

Die WM-Qualifizierung kam für ihn überraschend: „Ich freue mich total, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte.“ Seine Saison war ausschließlich auf die U23-EM in Tallinn ausgerichtet, dort kam er jedoch nur auf Platz 6. „Die WM sollte ich jetzt als Bonus nehmen für die sowieso schon gute Saison, in der ich meine Bestzeit um mehr als drei Minuten verbessern konnte.“ Nach Tallinn war Brembach zunächst zwei Wochen krank, jetzt muss er sich an seine alte Form heran kämpfen. Optimistisch ist er trotzdem: „Der Körper vergisst ja nicht.“

Die Erwartungen des Teams sind hoch gesteckt, denn das internationale Niveau ist zurzeit sehr hoch. „Unglaublich viele Länder haben sehr gute Geher. Die besten kommen nicht mehr nur aus Europa und China, sondern auch aus südamerikanischen Ländern, wie Guatemala, aus Südafrika, Korea und Japan, Australien, Ukraine, Spanien oder Italien“, sagt Christopher Linke. Insgesamt starten 66 Athleten aus 35 Nationen.

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