Lokalsport: Die Märkische Allgemeine Zeitung über Diskus-Doppelgold und den Meistertrainer Jörg Schulte

Mit Akribie und Einfühlungsvermögen

Jörg Schulte ist der Meistertrainer hinter dem Diskus-Doppel von Kristin Pudenz und Clemens Prüfer vom SC Potsdam

Von Peter Stein, 11.August 2020
(Foto: Trainer Jörg Schulte (M.) mit seinen Meisterschülern Kristin Pudenz und Clemens Prüfer. Fotograf: privat)

Potsdam. Dieses Doppel ist etwas ganz Besonderes für Trainer Jörg Schulte. Dass am vergangenen Wochenende sowohl Kristin Pudenz bei den Frauen als auch Clemens Prüfer bei den Männern bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Braunschweig die Goldmedaille im Diskuswerfen gewannen, macht auch den Trainer stolz. „Das waren keine einfachen Bedingungen – mit den Corona-Vorgaben und der Hitze. Aber wir waren gut vorbereitet. Bei ,Pudi’ als Titelverteidigerin haben wir damit gerechnet und Clemens wäre sicher auch nicht ganz zufrieden gewesen, hätte es nicht zu Gold gereicht“, meint der Coach.

Im März – als der Ausbruch der Corona-Pandemie den Sportbetrieb zum Erliegen brachte und die Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben wurden – gab Schulte das entscheidende Signal an seine Schützlinge: „Wir trainieren weiter, legen keine Pause ein. Natürlich war es von der Motivation her schwierig, das hat einen auch selbst runtergezogen. Dabei lief es gerade ziemlich gut, wir waren in der Spur für Tokio. Als Trainer ist es meine Aufgabe, die Athleten bei der Stange zu halten. Ich habe ihnen gesagt: ,Es ist ausgeschlossen, dass wir die Füße hochlegen.’ Ich habe in puncto Diskuswerfen recht junge Athleten. Also wollten wir versuchen, in diesem Jahr das Niveau weiter zu steigern, um mit einem höheren Ausgangsniveau in das neue Olympiajahr 2021 gehen zu können.“

Das ist eindrucksvoll gelungen. Kristin Pudenz steigerte ihre persönliche Bestweite auf 65,58 Meter, Clemens Prüfer blieb mit 63,66 Meter nur zehn Zentimeter darunter. Mit 62,97 Meter holte der Blondschopf, der am Donnerstag 23 Jahre alt wird, sich seinen ersten DM-Titel bei den Männern. Gemeinsam mit seinem derzeit verletzten Bruder Henning Prüfer (24) sowie Kristin Pudenz (26) bildet das Trio eine starke Trainingsgruppe, die Schulte über Jahre aufgebaut hat. Der 43-Jährige, ehemaliger Diskuswerfer, wechselte 2011 aus Wiesbaden nach Potsdam, um als Nachwuchsbundestrainer den Chefcoach Jürgen Schult zu unterstützen. Erst hatte Schulte Kristin Pudenz unter seinen Fittichen, dann kamen kurz darauf die Prüfer-Brüder hinzu. „Als die Olympia-Verschiebung kam, hat der Trainer uns klargemacht, dass wir dranbleiben müssen. Das haben wir umgesetzt. Ich finde schon, dass wir eine gute Trainingsgruppe sind. Wir verstehen uns gut, kommen gut miteinander klar“, stellt Kristin Pudenz fest. „Als Clemens am Samstag gewonnen hat, habe ich mich sehr darüber gefreut. Das hat mich gleich noch mal gepusht. Da wollte ich nicht nachstehen“, sagt sie.

„Clemens hat in dieser Saison ein paar technische Probleme. Eigentlich könnte er noch weiter werfen. Aber er hat das gut umgesetzt in Braunschweig, war auch psychisch stabil. Wie er den Olympia-Dritten Daniel Jasinski, der ihn im fünften Versuch kurz übertroffen hatte, anschließend gleich gekontert hat, das war schon klasse. In Sachen Wettkampfstabilität sollte ihm das viel gebracht haben“, meint der Coach. „Der Trainer hat einen riesengroßen Anteil an meiner Leistung“, erklärt Clemens Prüfer. „Wir haben ein prima Verhältnis. Die Mischung stimmt. Er ist fachlich, planerisch und menschlich absolut super. Er ist wie ein zweiter Vater für uns. Selbst wenn ich mal etwas vergesse – und das ist in der Vergangenheit oft vorgekommen – hat er mir aus der Patsche geholfen.“ Sogar zum Grillen hat der zweifache Familienvater Schulte seine Sportler schon öfters zu sich nach Hause eingeladen. Trotzdem bleibt es in der Anrede beim „Sie“ oder „Käpt’n“.

Seit Ende 2019 ist Schulte Bundesstützpunkttrainer, seinen Job als Nachwuchsbundestrainer hat mit Phillip van Dijck bereits ein Ex-Schützling übernommen. „Wir liegen auf einer Wellenlänge. Schließlich soll auch in den nächsten Jahren noch was nachkommen“, meint Schulte, der 2009 seinen Lehrerberuf aufgab, um in die Leichtathletik zurückzukehren. „Ich bin den Leistungssport-Gedanken nicht losgeworden. Das hat meine Schüler damals ein Stück weit überfordert. Als Trainer kann ich meinen Traumberuf ausüben.“ So hat der Hesse in Potsdam seine berufliche Erfüllung gefunden – und mit seiner Akribie und seinem Einfühlungsvermögen Erfolg.

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