Potsdamer Prüfer-Brüder lauern auf Olympia-Chance

Sie sind die neue Generation der Diskus-Brüder in der deutschen Leichtathletik. Clemens und Henning Prüfer – zwei Athleten, die den Kennern der Szene bereits in ihrer Jugend viel Freude bereitet haben und die jetzt auf ihre große Chance lauern: Olympia 2021.

Ein Beitrag von Katharina Logisch, Leichtathletik.de

„Im Privatleben verstehen sich Henning und Clemens Prüfer (beide SC Potsdam) nicht als Kontrahenten. Im Sport ist es anders. Wer sie Mitte Juni beim heimischen Showdown auf dem Sportgelände des Potsdamer Luftschiffhafens erlebte, der stellte schnell fest: Das Brüder-Gespann Prüfer will sich keine Blöße geben. „Das gehört zum Sport dazu. Keiner will verlieren,“ sagt Clemens Prüfer. Doch Henning Prüfer, der ältere der Brüder, ergänzt: „Wenn der andere etwas erreicht, ist das gut. Und genauso ist es anders herum.“ Das Bruderduell, es spornt beide an.
Der wechselseitige Ansporn lässt sich gar in Medaillen messen, denn beide konnten in ihrer Jugend schon große Erfolge auf internationaler Bühne feiern. Henning Prüfer gewann bereits 2013 Silber bei der U18-WM, damals noch mit Kugel und Diskus, bevor er sich schließlich ganz dem Diskuswurf verschrieb. Nach Silber bei der U20-WM 2014 und Bronze bei der U20-EM 2015 verpasste er im vergangenen Jahr nur knapp die WM-Norm für Doha (Katar).
Clemens Prüfer, mit 22 Jahren knapp zwei Jahre jünger als sein Bruder, feierte im vergangenen Sommer Silber bei der U23-EM. 2017 hatte er Bronze gewonnen.
Vorteil Olympia-Verschiebung
In diesem Sommer werden aufgrund der Corona-Pause keine Erfahrungen bei internationalen Wettkämpfen dazukommen. Die Brüder hindert das nicht daran, an ihrer Form weiterzuarbeiten. Der Leistungstest Mitte Juni in Potsdam ist einer der ersten Wettkämpfe, den die Brüder in diesem Jahr bestreiten – mit dem besseren Ausgang für Clemens Prüfer, der sich an diesem Tag mit 61,78 Metern gegen seinen Bruder durchsetzt (60,44 Meter). Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen: Während der Covid-19-Pandemie hatten die Wahlpotsdamer eine Sondergenehmigung, um sich weiterhin fit zu halten.
Clemens und Henning Prüfer wissen ganz genau, wofür sie in den Käfig steigen und an neuen Bestmarken schrauben. Sie wollen zu Olympia. „Die Verschiebung der Olympischen Spiele ist für uns jüngere Athleten umso besser. Wir haben mehr Zeit, uns vorzubereiten,“ betont Henning Prüfer. Sein jüngerer Bruder fügt an: „Wir können uns besser entwickeln, denn die anderen werden auch nicht jünger.“
Harte Konkurrenz
Doch die nationale Konkurrenz um die Olympia-Startplätze ist hart. Das wissen auch die Prüfer-Brüder. „Wer das Potenzial dazu hat, wird sich erst im nächsten Jahr in den ersten Wettkämpfen zeigen. Mit weiten Würfen stehen die Chancen gut, aber in diesem Top-Startfeld ist es sehr schwer“, sagt Clemens Prüfer.
Wie einst die Harting-Brüder Geschichte schrieben, so wollen sich auch die Prüfers auf lange Sicht in der Weltspitze etablieren. Und damit auch ein Stück deutsche Geschichte fortschreiben, denn viele deutsche Diskuswerfer haben schon große Erfolge erreicht. Dazu zählen in jüngster Vergangenheit auch der Olympia-Dritte von Rio, Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01) und der amtierende Deutsche Meister aus Magdeburg Martin Wierig, der zuletzt Achter bei der WM war.
Lob des Trainers
Jetzt lauern die Prüfer-Brüder auf ihre Chance. Unter der Leitung des DLV-Bundesstützpunkttrainers Jörg Schulte trainieren sie gemeinsam mit der Deutschen Meisterin Kristin Pudenz in Potsdam. Nicht nur im Alltag, sondern auch beim Training ergänzen sich die Brüder perfekt. „Hennings Stärke ist vor allem die Kraft. In diesem Fall ist er mir sehr weit voraus.“ Henning lächelt über die Aussage seines Bruders und ergänzt: „Mein Bruder ist der Zarte. Meine Schwäche ist die Technik. Ich bin eher auf Krawall, Clemens macht das mit Köpfchen.“
Auch Trainer Jörg Schulte ist von seinen Schützlingen begeistert. „Ich traue ihnen zu, bei Olympia zu starten. Sie haben in den letzten Jahren gezeigt, welches Potenzial in ihnen steckt. Aber um ganz vorne mitzuspielen, müssen die Jungs noch sehr an ihrer Wurffähigkeit feilen. Dann sollten sie in einem Bereich werfen, wo es sehr interessant wird.“
Klare DM-Ziele
Bevor es um Tickets für Olympia geht, steht in diesem Jahr aber noch ein nationaler Höhepunkt für die Diskuswerfer an: die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig (8./9. August). Auch wenn 2020 keine Saison ist wie jede andere, mangelt es den Prüfer-Brüdern nicht an Motivation: „Es wird durchgezogen. Auch wenn die Saison sehr schwierig sein wird, ist es wichtig, gute Resultate zu erzielen“, sagt Clemens Prüfer.
Bevor es für die Brüder nach Braunschweig zur DM geht, legen sie einen Zwischenstopp in Kienbaum ein. Dort werden sie sich im Trainingslager intensiv auf die Meisterschaften vorbereiten. Den einen oder anderen Wettkampf, der bis dahin noch ansteht, werden sie warhnehmen, um die Konkurrenz im August mit neuen Bestmarken zum Staunen zu bringen.
Denn Henning und Clemens Prüfern haben sich klare Ziele für die Deutschen Meisterschaften gesetzt. „Wir wollen um die Medaillen mitwerfen und uns im Laufe der Saison steigern, um eine realistische Chance zu haben.“ Den Namen Prüfer also, den sollte man sich merken.“

Hier geht’s zum Videobeitrag: Kristin Pudenz & Co. mit dem Diskus schon in starker Form

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