MAZ News: Qualität sticht Quantität: SC Potsdam startet in Bundesligasaison

Die Mannschaft ist verkleinert und neu zusammengestellt, die Ziele sind alt: Wie sich die Coronakrise auf den Brandenburger Frauenvolleyballclub ausgewirkt hat, welche Stärken das Team hat und worauf bei Heimspielen zu achten ist.

Was wäre gewesen, wenn? Dass diese Frage in einem Metier wie dem Sport, der keinen Konjunktiv verträgt, eigentlich belanglos ist, weiß Toni Rieger. „Und doch hatten wir schon die Gedanken daran. Wie weit hätte es für uns gehen können?“, sagt der Sportdirektor des Frauenvolleyball-Bundesligisten SC Potsdam mit Blick auf die vergangene Saison. Da hatte der SCP seine bislang beste Hauptrunde gespielt, das erstmalige Erreichen von Platz drei war bereits sicher. Kurz vor Ende wurde die Serie aber coronabedingt abgebrochen und so blieb das letzte Potsdamer Spiel als Höhepunkt ohne finalen Lohn stehen: ein 3:2 gegen Tabellenführer Schwerin in der mit 2017 Zuschauern seit sieben Jahren mal wieder bei einer Volleyballpartie ausverkauften MBS-Arena.

„Wir waren auf einem sehr guten Level“, sagt Rieger. Vielleicht wäre gar mehr als nur das Playoff-Halbfinale wie im Vorjahr möglich gewesen. „Wir werden es aber nicht erfahren. Und deshalb schauen wir jetzt nur nach vorne.“ Am Samstag um 19 Uhr startet der SCP daheim gegen den Dresdner SC in seine zwölfte Erstligasaison.

In der Saison 2020/21 bestreitet der SC Potsdam seine zwölfte Spielzeit nacheinander in der 1. Frauenvolleyball-Bundesliga. Größter Erfolg ist bislang der Playoff-Halbfinaleinzug 2019. In der vergangenen Saison wäre der SCP Dritter der Hauptrunde geworden – doch die Serie musste coronabedingt abgebrochen werden.

Wirtschaftliche Lage

Die Coronakrise hat dem Verein zugesetzt. Sportdirektor Rieger beziffert die Verluste durch das jähe Saison-Aus auf rund 100.000 Euro, das entspricht einem Siebtel des Jahresetats. Durch Kurzarbeit und staatliche Soforthilfen wurden die Einbußen etwas aufgefangen. Der 43-Jährige ist erleichtert, dank treuer Sponsoren annähernd wieder das gleiche Budget beisammen zu haben. „Aber wir müssen auch einsparen.“

Kader

Diese Einsparungen werden zum Teil im Aufgebot deutlich. Das Team ist um eine Spielerin verkleinert worden. Nur noch elf statt zwölf. „Doch das geht nicht auf Lasten der Qualität. Da sind wir nicht schlechter als vergangenes Jahr. Wir können uns für den Moment eben bloß nicht die volle Quantität leisten“, erklärt Rieger. Fünf Spielerinnen (Kapitänin Antonia Stautz, Libera Aleksandra Jegdic, Top-Scorerin Brittany Abercrombie, Routinier Laura Emonts, Talent Natalie Wilczek) sind geblieben. Vanessa Agbortabi, Symone Speech, Lindsey Ruddins, Kelsey Veltman, Lindsay Flory und Ana Tiemi Takagui kamen neu hinzu. Ein Umbruch. Dass in Abercrombie nominell nur noch eine Diagonalangreiferin im Aufgebot steht, sieht Rieger wenig problematisch: „Wir sind flexibel. Einige Annahme-Außen-Spielerinnen können auch diagonal.“ Die Mannschaft ist deutsch (vier Spielerinnen) und nordamerikanisch (viermal USA, einmal Kanada) geprägt. „Unsere Teamchemie ist super“, betont Stautz.

Vorbereitung

Zwölf Testspiele empfindet SCP-Cheftrainer Guillermo Hernandez als optimal, aufgrund der Pandemie waren für sein Team dieses Mal nur acht Partien möglich. „Aber wir haben sie gut genutzt. Wir sind in der Entwicklung vorangekommen“, sagt der Coach, der Verfechter schnellen Spiels ist. Das beherrsche die neu formierte Truppe. Im Vergleich zur Vorsaison sei sie physischer geworden. „Wir springen höher, haben mehr Power im Angriff“, erklärt der Spanier.

Ziele

Brandenburgs Team des Jahres 2019 hat sich an die deutsche Volleyballspitze herangeschoben. „An diese Entwicklung wollen wir anknüpfen und weiter oben mitmischen“, sagt Annahme/Außen-Spielerin Stautz. In der Hauptrunde wird die Top 4 angepeilt, in den Playoffs soll es zumindest bis ins Halbfinale gehen. Das Pokalendspiel sei unverändert ein Traum, sagt Rieger. Und nach der beachtlichen Europapokalpremiere der Vorsaison wolle sich der SCP auch bei der zweiten Teilnahme am CEV-Cup gut präsentieren, diesmal möglichst die Auftaktrunde überstehen.

Hallenkonzept

Das genehmigte Heimspielkonzept des SC Potsdam erlaubt 883 Zuschauer in der MBS-Arena. Schnitt im Vorjahr: knapp 1200. „Mit dem, was wir jetzt machen dürfen, sind wir zufrieden. Das ist besser als nichts“, sagt Teammanager Eugen Benzel. Allein 200 Dauerkarten wurden abgesetzt, ein Plus von einem Drittel. Ein Tageskassenverkauf wird eingerichtet. Um die Zuschauerströme zu entzerren, stehen für die Fans vier verschiedene Ein- und Ausgänge zur Verfügung. Wer wohin muss, steht entsprechend der gebuchten Blöcke auf den Eintrittskarten, große Hinweistafeln an der Halle dienen zudem als Leitsystem. In der gesamten Arena herrscht Maskenpflicht – auch auf den Plätzen. Kurzzeitige Ausnahmen sind nur beim Verzehr von Essen und Trinken – die Gastronomie ist geöffnet – gestattet.

Auftaktspiel

Für das Match gegen Dresden sind bereits im Vorverkauf rund 700 Tickets weggegangen. Über die SCP-Internetseite können mit dem Gutscheincode „ewp“ vergünstigte Tickets gekauft werden. „Wir sind aufgeregt, freuen uns auf die Fans“, sagt Kapitänin Stautz. „Das Spiel ist auch gleich ein Kracher.“ Die Sächsinnen waren voriges Jahr Liga-Vierter, gewannen den Pokal. Nachdem sie in der Vorbereitung durch eine verordnete Team-Quarantäne ausgebremst worden waren, verloren sie am Wochenende den Supercup gegen Rekordmeister Schwerin mit 0:3. „Dresden hat eine großartige Mannschaft, viel stärker als vergangene Saison“, findet Hernandez. Mit der deutschen Nationalspielerin Jennifer Janiska (geborene Geerties) sei ein Top-Transfer gelungen. „Wir sind bereit“, sagt Stautz. „Und es wäre gut, mit einem Sieg zu starten.“ Aus dem Konjunktiv soll eine Tatsache werden.

MAZ Tobias Gutsche

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