Geher Hagen Pohle und die Angst vor einem Hitzeschlag bei der WM

Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften ab Freitag in Doha/Katar werden vor allem die Geher und Marathonläufer mit der extremen Hitze zu kämpfen haben.

Der Schweiß rinnt Hagen Pohle nur so über den Körper, als stehe er unter der Dusche. Der 27 Jahre alte Geher vom SC Potsdam macht den Härte- und Hitzetest, probt die Akklimatisierung für den Ernstfall. Und der heißt in der nächsten Woche bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha/Katar 20 Kilometer Gehen – bei 40 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit und Start um kurz vor Mitternacht.

„Um meinen Körper auf die extremen Bedingungen einzustellen, gehe ich jetzt jeden Tag in die Dampfsauna, da sind zwar 50 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, aber ich will, dass sich der Körper anpasst“, sagt Pohle. Das Experiment führt der EM-Achte des Vorjahres in Lüneburg durch, weil dort sein Bruder Philipp Pohle als Arzt arbeitet. „Ohne ärztliche Aufsicht war mir das zu heikel“, sagt der Extremsportler. „Wir hatten zwar in Berlin bei der EM, vor zwei Jahren bei der WM in London oder bei Olympia in Rio 2016 auch Hitzerennen, aber so krass war es noch nie.“

Gehen mit der Stirnlampe

Außerdem trainiert der Polizeiobermeister jetzt jeden Tag eine Stunde später. Denn der WM-Wettkampf ist für 23.30 Uhr Ortszeit – also 22.30 Uhr deutscher Zeit – angesetzt, um den Ausdauerathleten in dem Wüstenstaat am Persischen Golf wenigstens ein wenig Linderung zu verschaffen. „Ich gehe dann immer mit Stirnlampe“, sagt Pohle. „Gerade die zeitliche Anpassung halte ich für sehr wichtig.“

Und wie will er sich im Wettkampf vor Überhitzung schützen? „Unser Teamarzt hat extra Mützen anfertigen lassen, die sind auf dem Kopf etwas höher und haben dort ein Loch. Da sollen wir dann immer Eisbeutel reinpacken, außerdem sollen wir Getränke mit viel Eis zu uns nehmen. Darauf habe ich aber derzeit bei den kühlen Temperaturen in Deutschland nicht so Appetit.“

Gefahr eines Hitzeschlags

Einen Hitzeschlag zu erleiden, scheint für die Geher, die bei der WM ja auch über 50 Kilometer antreten, und Marathonläufer das größte Risiko zu sein. Pohles Potsdamer Trainingsgefährten und WM-Teilnehmer Nils Brembach, Christopher Linke und Saskia Feige haben am Olympiastützpunkt im Luftschiffhafen ebenfalls eine Sauna-Woche absolviert. Um die hohe Luftfeuchtigkeit zu simulieren, wurden feuchte Tücher aufgehängt. Dazu wurde für das Gehen ein Laufband aufgestellt und ständig die Körpertemperatur gemessen. Am ersten Tag hielten es die Sportler kaum länger als eine halbe Stunde aus, ehe sie sich völlig erschöpft niedersetzen mussten. Zu schnell war die Körpertemperatur auf 41 Grad angestiegen, das kommt lebensbedrohlichem Fieber gleich. „Uns ist bewusst, dass das ganz sicher nicht gesund ist, was uns da bei der WM bevorsteht“, sagt Pohle.

Umfallen wie die Fliegen

Bundestrainer Ronald Weigel rechnet mit dem Schlimmsten, vor allem beim 50 Kilometer Gehen über rund vier Stunden. „Da werden die Athleten umfallen wie die Fliegen, wenn nicht gar noch Schlimmeres passiert.“ Allen Beteiligten ist bewusst, dass sie ein sehr großes Gesundheitsrisiko eingehen. Da hilft auch die vom Weltverband IAAF angebotene Pille mit Chip nichts, die die Sportler schlucken sollen und die hinterher Ergebnisse darüber liefert, wie die Körperinnentemperatur bei den extremen Bedingungen reagiert. Übrigens: Bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 erwarten die Athleten ähnliche Bedingungen.

„Ich hoffe, ich bin einigermaßen darauf vorbereitet“, bleibt Pohle zuversichtlich, der Anfang September noch für zweieinhalb Wochen ein Höhentrainingslager in St. Moritz/Schweiz absolviert hat und am nächsten Mittwoch von Berlin direkt nach Katar fliegt. Linke und Co. kommen indes aus der Höhe Südafrikas unmittelbar nach Doha.

Peter Stein MAZ

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