Ein Mann der ersten Stunde

Im Rahmen des porta Sport- & Kultur Festivals findet immer auch das traditionelle Leichtathletik-Treffen ehemaliger Spitzenathleten des SC Potsdam statt. Einer, der immer mit dabei ist, ist der Potsdamer Friedrich Janke, der 1962 in Belgrad zu EM-Silber über 10 000 Meter gelaufen ist.

MAZ – Diese Medaille, die der 87 Jahre alte Friedrich Janke da in seiner Wohnung im Potsdamer Kirchsteigfeld in den Händen hält, ist eine ganz Besondere. Denn es ist die erste Plakette, die ein Sportler vom Armeesportklub Potsdam bei Leichtathletik-Europameisterschaften gewann. 1962 holte Janke Silber bei der EM in Belgrad über 10 000 Meter.

Er gehörte zu jener legendären Trainingsgruppe von Curt Eins, die die erfolgreiche Potsdamer Laufschule begründete. Während Hans Grodotzki, olympischer Silbermedaillengewinner über 5 000 und 10 000 Meter von 1960, bei den damals noch üblich deutsch-deutschen Ausscheidungen in Malmö einen Achillessehnenriss erlitt, erlief sich Janke das EM-Ticket über 5 000 und 10 000 Meter.

Über die kürzere Strecke, auf der er schon 1958 bei der EM in Stockholm Achter geworden war, schied er in Belgrad nach dem Vorlauf aus, aber über die 25 Stadionrunden war er voll auf der Höhe. Der Armeesportler hängte sich an die Fersen des großen Favoriten Pjotr Bolotnikow, Olympiasieger und Weltrekordler aus der damaligen Sowjetunion.

„Das war taktisch gesehen ein einfacher Lauf. Ich musste versuchen, so lange wie möglich dranzubleiben. Bolotnikow war eine Klasse für sich. Ich war froh, dass es am Ende für eine Medaille gereicht hatte. Das kam auch überraschend für mich“, schildert Janke seine Erinnerungen.

Dazu gehört auch, dass er bei der Abschlussfeier eigentlich die deutsche Fahne ins Belgrader Stadion tragen sollte. „Aber daraus wurde nichts, die Feier fiel buchstäblich ins Wasser, weil ein heftiges Gewitter niederging“, erinnert sich Janke. „Eigentlich war es bei mir immer so, dass ich in den Jahren ohne große Höhepunkte wie EM oder Olympische Spiele immer am besten in Form war. Da habe ich auch die großen Läufer meiner Zeit geschlagen“, sagt Janke, der etwa 1959, 1961 und 1963 in Topform war. Da ließ er auch Grodotzki oder den Neuseeländer Murray Halberg, 5000-Meter-Olympiasieger von 1960, hinter sich. Bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 war Janke Vierter über 5000 Meter geworden.

Erst spät fand er zum regelmäßigen Lauftraining. Janke, der nahe Bromberg in Pommern – heute Bydgoszcz/Polen – aufgewachsen war, kam als Kriegsflüchtling 1945 nach Lindstedterhorst in die Altmark. Er arbeitete zunächst in der Landwirtschaft, ehe er 1949 zur Kasernierten Volkspolizei ging, der späteren Nationalen Volksarmee.

Bei den Waldläufen zeigte sich sein Talent, mit 23 Jahren kam er nach Potsdam. Schon 1956 nahm er an den Olympischen Spielen im australischen Melbourne teil, schied aber nach dem Vorlauf über 5000 Meter aus. Der mehrfache DDR-Meister auf den langen Strecken – von 1957 bis 1963 allein fünfmal über 10 000 Meter – schaffte 1964 – auch geplagt von Achillessehnenbeschwerden – die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio nicht mehr. Nebenher hatte er sich zum Trainer ausbilden lassen und begann dann in Cottbus.

Ulrich Hobeck, später wie einst sein Trainer DDR-Meister über 3 000 Meter Hindernis und bis heute anerkannter Leichtathletik-Meeting-Organisator, war einer der ersten Schützlinge. Dazu zählten auch die Olympia-Medaillengewinnerinnen Gunhild Hoffmeister und Ulrike Klapezynski (später Bruns). 1973 ging Janke als Trainer zurück nach Potsdam, wo er bis nach der Wende Langstreckler wie Frank Heine, Steffen Dittmann oder Uwe Koch betreute.

Heute hält sich der Mann der ersten Läufer-Stunde in der Leichtathletikhochburg Potsdam – der mit Ehefrau Edith (85) im Vorjahr Diamantene Hochzeit feierte und drei Kinder, fünf Enkel sowie zwei Urenkel hat – vor allem mit Gartenarbeit fit.

Von Peter Stein

Wir laden auch in diesem Jahr alle „alten“ Leichtathleten herzlich am 15. September 2018 zum Traditionstreffen beim porta Sport- & Kultur Festival ein!

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