SC-Potsdam-Manager Toni Rieger: „Wir sind besser als vergangenes Jahr“

Toni Rieger, Manager des Volleyball-Bundesligisten SC Potsdam, spricht über den Achtelfinal-Einzug im Europapokal, seine Kritik am europäischen Verband und die Leistungsstärke des Teams

Potsdam. Nach fünf Siegen in Serie innerhalb von nur zwölf Tagen steht der Volleyball-Bundesligist SC Potsdam im Pokalfinale und dem Achtelfinale des CEV-Cups. Im Interview spricht Manager Toni Rieger über die Belohnung für die Spielerinnen, mögliche Neuverpflichtungen und finanzielle Ausfälle.

Herr Rieger, Ihre Mannschaft hat innerhalb von zwölf Tagen fünf Spiele gewonnen. Was bekommt sie als Belohnung?
Toni Rieger: Die Spielerinnen haben bis Sonntag erst einmal frei. Wir sind ganz schön müde und ausgelaugt. In normalen Zeiten würde man jetzt irgendwo hinfahren, Wellness machen oder mal entspannt und gemütlich Essen gehen, um mal abzuschalten. Umso bemerkenswerter ist es, dass wir die Siege trotzdem geschafft haben.

Wie kriegt man das nicht nur physisch gemeistert, sondern auch mental?
Das ist eine schwierige Geschichte, aber ich glaube, wir haben mit Guillermo (Trainer Guillermo Naranjo Hernández, d. Red.) und seinen Kollegen einfach den richtigen Trainerstab an der Seitenlinie. Jeder versucht, die letzten paar Prozentpunkte aus den Spielerinnen rauszukitzeln, auch wenn das bei dieser Belastung äußerst schwierig ist. Dazu haben wir auch eine Bank, die in der Breite gut aufgestellt ist.

Ist die Mannschaft besser als in der vergangenen Saison?
Das ist immer schwierig zu sagen, jede Mannschaft hat ihre Stärken und Schwächen. Ich habe schon vergangenes Jahr gedacht, dass es zu dem Zeitpunkt die beste Mannschaft war, die wir je hatten. Und insgesamt sind wir dieses Jahr noch einen Ticken stärker.

Woran machen Sie das fest?
Wir sind physisch stärker und auch angriffsstärker, das belegt auch die Statistik. Gegen Münster haben wir am Sonntag unser schlechtestes Spiel gemacht, Münster hatte definitiv die Chance, uns zu schlagen. Aber wir hatten den Gegner trotzdem im Griff. Das ist die Eigenschaft einer möglichen Spitzenmannschaft, dass man auch solche Spiele souverän gewinnt. Das haben wir uns über die Jahre erarbeitet.

Und das, obwohl Sie aufgrund der coronabedingten finanziellen Einsparungen einen Kaderplatz weniger haben als in der vergangenen Saison. Wird sich bis zum 31. Januar, wenn das Transferfenster schließt, noch etwas tun?
Wir machen uns schon noch darüber Gedanken, eine weitere Spielerin zu holen, womöglich als Backup für Brittany Abercrombie. Aber das hängt auch von den nächsten Spielen ab, gerade im Europapokal.

Für den 8. bis 10. Dezember ist das Achtel- und mögliche Viertelfinale in Istanbul angesetzt, das ergab die Auslosung. Sie und Dresden hätten das Viereturnier auch gerne ausgerichtet. Wie unglücklich sind sie darüber, dass Sie in der aktuellen Lage in die Türkei reisen müssen?
Immerhin wurde gelost, das ist ja schon mal fairer gewesen als im Pokal. Aber auch hier muss ich einfach Kritik üben. Als europäischer Verband muss ich mir doch erst einmal anschauen, wie die Corona-Einschränkungen vor Ort sind. Nach unserem Kenntnisstand müsste eine Spielerin oder ein Mitglied unseres Trainerteams bei einem positiven Corona-Test für 14 Tage in der Türkei in Quarantäne. Wenn wir in dem Fall nicht ausreisen dürfen, dann fahren wir auch gar nicht hin. Wir fliegen zusammen hin und wir fliegen zusammen zurück. Das sind wir auch mit Dresden auf einer Linie. Aber wir plädieren für eine Verschiebung des Wettbewerbs, weil die Sicherheit unserer Spielerinnen vorgeht.

Bis wann fällt eine Entscheidung?
Die muss bis spätestens Dienstag kommen, wir müssen auch die Flüge und Hotels buchen.

Im Achtelfinale treffen Sie auf Galatasaray HDI, wie stark schätzen Sie das Team ein?
Die türkische Liga ist stark, bei Istanbul hängt so viel Geld dahinter. Ich weiß nicht, ob die Mannschaft sogar noch stärker ist als Kazan im vergangenen Jahr.

Lohnt sich der Wettbewerb?
Sportlich bringt er uns nach vorne, finanziell erst ab dem Halbfinale. Aber so oder so muss man sagen, dass wir von den aktuellen Erfolgen finanziell nicht profitieren können, was natürlich vor allem an den fehlenden Zuschauern in der Halle liegt. Für die Ausgleichsgelder vom Bund ist bei den Zuschauereinnahmen der Zeitraum von April bis Dezember 2019 die Grundlage. Bei uns ging es aber erst Anfang 2020 so richtig los mit den Spitzenspielen, beispielsweise mit der letzten Partie vor dem ersten Lockdown gegen Schwerin, wo die MBS-Arena mit 2017 Zuschauern erstmals beim Volleyball ausverkauft war – das Spiel fehlt beispielsweise in der Berechnungsgrundlage. Auch die Spiele gegen Dresden oder Schwerin in dieser Saison fanden coronabedingt nur vor 800 Zuschauern statt, sonst wären da noch viel mehr Fans gekommen. Deshalb sind die finanziellen Einbußen schon groß.

Ihre Mannschaft hatte bislang, anders als einige andere Frauen-Bundesliga-Teams, noch keinen Corona-Fall. Ist das Zufall oder machen Sie etwas anders?
Jede Spielerin und auch wir als Funktionsteam haben eine Eigenverantwortung, genau wie zu Zeiten, in denen kein Corona herrscht. Wir versuchen, uns und unsere Mitmenschen zu schützen. Als die Maskenpflicht kam, haben wir sehr genau darauf geachtet, dass alle Spielerinnen sie einhalten. Auch wenn sich die Spielerinnen nach dem Spiel mit den Gegnerinnen unterhalten, ziehen sie Masken auf. Am Anfang wurden wir belächelt und die Spielerinnen meinten, dass ja alle getestet seien. Aber wir gehen so wenige Risiken wie möglich ein. Wir haben ihnen auch gesagt, dass vielleicht auch die Mannschaften am Ende belohnt werden, die die Vorgaben und Maßnahmen am konsequentesten umsetzen, weil sie am Ende weniger Ausfälle hat. Aber es kann natürlich auch uns treffen, egal wie konsequent man die Regeln einhält.

Quelle: MAZ / Stephan Henke

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